Jahresbericht des Unabhängigen Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR)
Unabhängiger Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) stellt Jahresbericht vor
Das SVR-Jahresgutachten 2022 behandelt vor allem die Rolle von Migranten im deutschen Gesundheitswesen sowie Fragen rund um Themen wie Integration, Teilhabe und Diskriminierung
Inzwischen ist der Gesellschaft und Politik klar geworden: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Für den Umgang im gesellschaftlichen Miteinander sind dabei wichtige Herausforderungen in Bezug auf Zuwanderung und Integration anzugehen. Gerade in politisch aufgeheizten und polemischen Debatten liefert wissenschaftliche Politikberatung mit ihrer sachlichen und fundierten Analyse wichtige Orientierungspunkte.
Hierfür hat die Bundesregierung am 2. Dezember 2020 beschlossen, einen Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) einzurichten, der auf der Arbeit des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration aufbaut. Der SVR ist ein unabhängiges Gremium der wissenschaftlichen Politikberatung, das durch seine Gutachten bei allen verantwortlichen Instanzen und der Öffentlichkeit zur Urteilsbildung in integrations- und migrationspolitischen Angelegenheiten beitragen soll.
Das SVR-Jahresgutachten 2022 behandelt die Rolle von Migranten im deutschen Gesundheitswesen. Dort wird u.a. deutlich gemacht, dass dieses ohne ausländische Fachkräfte vor dem Kollaps stehen würde. Fast jede/r Vierte der über vier Millionen Erwerbstätigen in Gesundheits- und Pflegeberufen hatte im Jahr 2019 einen Migrationshintergrund. Für eine erfolgreiche Anwerbung ausländischer Fachkräfte sind zudem vor allem unkomplizierte Anerkennungsverfahren nötig sowie die zügige Bereitstellung von Nachqualifizierungsmaßnahmen. Für eine faire Anwerbung sollen zudem über bilaterale Vereinbarung, wie mithilfe von Ausbildungspartnerschaften, beide Länder von der Migration profitieren.
Integration in Deutschland ist besser, als medial dargestellt
Das SVR-Integrationsbarometer zeigt zudem auf, dass Integration in Deutschland besser ist, als sie medial dargestellt wird. Das gesellschaftliche Zusammenleben in Vielfalt wurde hierbei von den Befragten als positiv bewertet. Insbesondere persönliche Begegnungen bewährten sich als hilfreich, bei denen 90 Prozent der Befragten ihren Kontakt zu Menschen unterschiedlicher Herkunft als Bereicherung empfunden. Ein Hindernis für gleichberechtigte Teilhabe sind erlebte Diskriminierungserfahrungen vor allem im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt, wobei mehr als die Hälfte der Befragten bei letzterem mit Benachteiligung konfrontiert sind. Der Migrationshintergrund kann ebenfalls laut SVR ein Faktor für ungleiche Gesundheitschancen sein. Primär ist die gesundheitliche Lage eines Menschen jedoch maßgeblich von den sozio-ökonomischen Verhältnissen bestimmt.
Der SVR äußerte sich außerdem zu Gesetzesinitiativen wie das Chancen-Aufenthaltsrecht und zum Asylverfahren. Demnach sollten Einreisemöglichkeiten ausgeweitet werden, die es Ausländern ermöglicht, beispielsweise auch ohne Formalqualifikation einzuwandern, womit die Zuwanderung in die Ausbildung stärker gefördert wird. Weitere Kriterien wie Berufserfahrung, Sprachkenntnisse etc. sollten dabei berücksichtig werden. Dies allein wird den Fachkräftemangel jedoch nicht beheben, denn eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitssektor und besonders in der Pflege sind unerlässlich.
Prekäre Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften
Ein wichtiger Punkt bildet ebenfalls die prekäre Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften aus EU- und Drittstaaten, die im deutschen Niedriglohnsektor überrepräsentiert sind. Dabei geht der SVR auf Herausforderungen in Bezug auf Arbeitsrecht und Teilhabemöglichkeiten ein, die sie vor Ausbeutung und Überlastung schützen sollen.
Ein Positionspapier zur Fachkräftezuwanderung wurde ebenfalls veröffentlicht. Der Jahresbericht enthält darüber hinaus Studien zu antimuslimischen und antisemitischen Einstellungen, die bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund weit verbreitet sind, sowie Studien zur Integration von (Spät‑)Aussiedlern. Politische Partizipation und Einbürgerung waren ebenfalls zentrale Themen, wobei die steigenden Einbürgerungszahlen die große Integrationsbereitschaft der Aufgenommenen verdeutlicht. Auch für das Einbürgerungsaufkommen von syrischen Flüchtlingen wurde ein deutlicher Anstieg prognostiziert.
Vor dem Hintergrund der verschiedenen Themen wurde deutlich, dass die Rechtssetzung allein nicht ausreicht, sondern es einer Rechtsumsetzung in Behörden bedarf. Zusätzlich ist eine beschleunigte Digitalisierung und eine föderale Zusammenarbeit unausweichlich.